Das Instrument wurde als op. 1003 von der Firma Freiburger Orgelbau Hartwig und Tilmann Späth in March-Hugstetten erbaut und erstmals zur Weihe der Kirche am 29. März 2015 im Gottesdienst gespielt. Es ist nach den Orgeln in Filderstadt-Bonlanden und Stuttgart-Ost das dritte Instrument dieser Werkstatt in einer neuapostolischen Kirche.
Manual II – Hauptwerk
Lieblich Gedeckt 16’
Principal 8’
Bourdon 8’
Gambe 8’
Octave 4’
Rohrflöte 4’
Octave 2’
Mixtur 3 - 4fach 1 1/3’
Trompete 8’
Manual III – Schwellwerk
Flötenprincipal 8’
Flauto amabile 8’
Salicional 8’
Vox coelestis (ab c) 8’
Traversflöte 4’
Oboe 8’
Tremulant
Pedal
Subbaß 16’
Oktavbaß 8’
Gedecktbaß 8’ (Ff.)
Posaune 16’
Manual I: Koppelmanual
Koppeln als Tritte: III 16’, III 4’, II/P, III/P
Die Orgel der alten Kirche , deren Substanz teilweise noch auf das Jahr 1934 zurückging, war in ihrer Gesamtheit nicht erhaltenswert. Der Klang war nach mehreren Umbauten inhomogen und die elektrische Traktur veraltet. Ein großer Teil des Pfeifenwerks und die Manualwindladen waren aber für die neue Orgel verwendbar, so dass ein recht großzügig disponiertes Instrument verwirklicht werden konnte. Außer den Pedalwindladen, der rein mechanischen Traktur und der Spielanlage wurden nur die Gambe 8‘ und die Prospektpfeifen des Principal 8‘ neu gebaut. Alle übrigen Pfeifen stammen aus der alten Orgel und aus Lagerbestand der Firma Späth.
Das Konzept der Orgel orientiert sich am Klangbild der deutschen Romantik. Orgeln dieses Stils sind in neuapostolischen Kirchen kaum noch zu finden, weil solche Instrumente verändert oder ganz aufgegeben wurden. Da auch die ursprüngliche Bad Cannstatter Orgel bis zu ihrem grundlegenden Neuaufbau im Jahr 1971 spätromantische Züge aufwies, war es naheliegend, hier ein Instrument dieser Prägung zu schaffen. Damit steht im Großraum Stuttgart neben den Orgeln z. B. in Stuttgart-Süd , Stuttgart-Ost, Ditzingen, Neuhausen (Filder) und Sonnenbühl ein weiteres Instrument mit jeweils eigener stilistischer Ausrichtung zur Verfügung.
Mit den zahlreichen differenzierten Klangfarben in der 8‘-Lage und den darauf aufbauenden weiteren Registern ist das Instrument hervorragend zur Interpretation von Werken etwa von Brahms, Rheinberger und Reger geeignet. Darüber hinaus erlauben die drei aus der alten Orgel übernommenen Zungenstimmen die Darstellung französischer Orgelmusik des 19. Jahrhunderts.
Die seit dem Umbau 1971 nur noch als 8‘-Register im Pedal genutzte ehemalige Quintade 16‘, deren große Oktave als stumme Prospektpfeifen erhalten blieb, wurde als Lieblich Gedeckt 16‘ wieder aktiviert. Das Hauptwerk erhält damit üppiges Fundament und Gravität. Im Schwellwerk erschließen die beiden Oktavkoppeln weitere Klanglagen und machen es so dem Hauptwerk ebenbürtig. – Die Traversflöte 4‘ überbläst ab g1 und erhält dadurch mehr Volumen.
Die Mixtur wurde verändert. Der ursprüngliche 2‘-Chor steht jetzt als eigenständige Octave 2‘ zur Verfügung, während die Mixtur auf 1 1/3‘ beginnt. Somit sind auch helle, eher barocke Plenoregistrierungen möglich. Da die Mixtur ab c1 einen Terzchor erhielt, kann sie als eine Art Sesquialter in Anlehnung an das süddeutsch-barocke Register „Hörnle“ dienen. Zusammen mit 8‘-, 4‘- und 2‘-Registern ergibt sich ein kornett-artiger Klang.
Die Spielanlage ist in den Unterbau des Instrumentes eingeschoben. Die Untertasten der Manuale sind mit Bein belegt, die Obertasten bestehen aus Ebenholz. Die Registerzüge sind zum Vereinfachen rascher Wechsel nach häufigen Kombinationen angeordnet. Die chromatischen Windladen der Manuale sind hintereinander parallel zur Spielanlage aufgestellt, was eine einfache und direkte Trakturführung ermöglichte. Die in C- und Cs-Seite geteilten Pedalladen stehen „auf Sturz“ links und rechts des Hauptwerks. Die Pfeifen des Prospekts und einige „verführte“ Pfeifen des Hauptwerks werden über „pneumatische Moteurs“ angespielt.
Der von Pfeifen des Principal 8‘ und der Gambe 8‘ gebildete Prospekt wurde nach architektonischen Gesichtspunkten gestaltet und lässt bewusst den Blick in das Innenleben des Instrumentes zu, um dessen räumliche Dimension erkennbar zu machen.
Die Orgel erhielt eine vom Intonateur Reiner Janke entwickelte „gemäßigt wohltemperierte“ Stimmung („Janke II“). Tonarten mit wenigen Vorzeichen klingen in dieser Stimmung besonders rein.
Zum Führen des Gemeindegesangs, zum Musizieren mit Chor oder Instrumenten und nicht zuletzt zum solistischen und konzertierenden Spiel bietet die neue Orgel nahezu unerschöpfliche ausdrucksstarke und jeweils angemessene Registrierungsmöglichkeiten von der anrührenden Schwebung über klassische Plena bis zum symphonischen Tutti. Neben der Orgel in Esslingen ist das Bad Cannstatter Instrument die einzige Orgel dieser Größenordnung mit romantischer Ausrichtung in der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland, möglicherweise sogar in ganz Deutschland.
Text: TK
Link zur Beschreibung der alten Orgel: