Für 96 Jahre war das Kirchengebäude in der Dennerstraße 104 in Stuttgart-Bad Cannstatt Heimat für die Mitglieder der neuapostolischen Kirchengemeinde des Stuttgarter Stadtteils.
Nun wird es abgerissen und durch einen zeitgemäßen Neubau ersetzt. An diesem Sonntag fand darin der letzte Gottesdienst statt. Apostel Jürgen Loy feierte mit den zahlreich versammelten ehemaligen und heutigen Gemeindemitgliedern und ihren Gästen einen, wie er es ausdrückte „geschichtsträchtigen Gottesdienst“.
Aus der 1907 gegründeten Kirchengemeinde wurden einige weitere Gemeinden mit aufgebaut. Sie ist die Hauptgemeinde des gleichnamigen Kirchenbezirks und hat heute rund 250 Mitglieder. Der Apostel nutzte die Gelegenheit, die Aufbauarbeit der damaligen Gemeindemitglieder zu würdigen, richtete den Blick der Versammelten aber auch nach vorn. Das als Grundlage der Wortverkündigung gewählte Bibelwort aus Hebräer 13, 14: „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“ bot hierzu den geeigneten Rahmen. Diese Bibelstelle hatte der Apostel nicht von ungefähr gewählt, standen diese Worte doch über dem Eingangsportal der im Juni 1916 geweihten Kirche. Dies zeige, so der Apostel, dass bereits damals mit viel Weitblick geplant worden sei.
Nachdem der Gemeindevorsteher, Hirte Manfred Keim, ein paar Eckpunkte aus der Chronik verlesen hatte, betonte Apostel Loy, dass die neuapostolischen Christen sich zwar als Gäste und Fremdlinge auf der Erde sähen, dies jedoch keinesfalls bedeute, das sie sich als Außenseiter betrachteten. Auch stünden sie mit beiden Beinen im Leben. Dennoch sei es wichtig, nicht alles mitmachen zu müssen. Einen Schwerpunkt legte der Apostel auf das Suchen der zukünftigen Stadt. Er bezog sich auf die Aussagen im 21. Kapitel der Offenbarung des Johannes, wonach dies eine Stadt der Nähe Gottes, der Liebe, des Friedens und der Freude sei. Das Zukünftige zu suchen bedeute, heute schon diese Nähe, Liebe, Frieden und Freude zu suchen. Er wünschte der Gemeinde, dass dies alles in den Herzen aufstrahlen möge.
Der um einen Predigtbeitrag gebetene Bezirksvorsteher, Bezirksältester Jörg Friedrich, beschrieb die Gemeinde aus seiner Empfindung als von Ehrfurcht und Herzenswärme geprägt. Unter anderem sagte er, es sei gut, eine große Vergangenheit zu haben, viel wichtiger sei es aber, eine große Zukunft zu haben. Hirte Keim verglich in seinem Wortbeitrag die vom Apostel genannten Tugenden mit einem Guthaben, das keiner Inflation unterliege.
Im Gebet am Ende des Gottesdienstes nahm der Apostel die Entwidmung des Kirchengebäudes vor und dankte Gott für allen Beistand in der zurückliegenden Zeit. Zum Schluss ließ die Orgel mit dem von Jens Köhnlein vorgetragenen Präludium G-Dur BWV 541 von Johann Sebastian Bach noch einmal ihren vollen Klang ertönen. Die meisten der Register werden auch im neuen Kirchengebäude wieder zu hören sein. Musikalisch wurde der Gottesdienst ferner durch den gemischten Chor, den Kinderchor, der den Apostel beim Betreten der Kirche begrüßt hatte, sowie das Bezirksorchester umrahmt.
Im Anschluss war Gelegenheit, bei einem Imbiss Gespräche zu führen und Pläne des geplanten Kirchenneubaus zu studieren. Während der Bauphase finden die Gottesdienste in Stuttgart-Neugereut, Regenpfeiferweg 18 statt. Mit dieser Gemeinde besteht seit geraumer Zeit eine Kooperation, die dann mit dem Einzug in das neue Kirchengebäude in eine Zusammenführung der beiden Gemeinden münden wird.